Von Sara Volker
Die Zahl überschuldeter Seniorinnen und Senioren in Deutschland steigt dramatisch: Rund 723.000 Menschen zwischen 60 und 69 Jahren gelten laut Creditreform 2024 als überschuldet – 60 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Trotzdem nimmt nur ein Bruchteil professionelle Hilfe in Anspruch. Menschen ab 65 Jahren machen laut Statistischem Bundesamt lediglich 9,4 Prozent der Ratsuchenden in der Schuldnerberatung aus.
Um diese alarmierende Versorgungslücke zu schließen, hat die Diakonie Deutschland seit 2022 das Modellprojekt „Sozialräumliche soziale Schuldnerberatung für Senior:innen“ umgesetzt. Das vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz geförderte Projekt wurde heute in Berlin vom institut für finanzdienstleistungen (iff) evaluiert – mit bemerkenswert positiven Ergebnissen.
„Immer mehr ältere Menschen geraten durch Inflation, steigende Kosten und anhaltende Krisen unter finanziellen Druck – besonders häufig Frauen“, warnt Elke Ronneberger, Diakonie-Bundesvorständin für Sozialpolitik. Viele Betroffene scheuen den Weg in klassische Beratungsstellen: „Schulden sind für viele Menschen dieser Generation ein Tabu, die Hemmschwelle ist enorm.“
Die Lösung: Beratung, die zu den Menschen kommt. Teams der Diakonie suchen Seniorinnen und Senioren zu Hause oder an vertrauten Orten wie Seniorencafés oder Nachbarschaftszentren auf und schaffen so niederschwellige Zugänge zu Hilfe.
Das Modellprojekt wurde seit Dezember 2022 an zehn Standorten erprobt. Die vom iff durchgeführte wissenschaftliche Begleitung zeigt: Aufsuchende Schuldnerberatung wirkt.
„Hausbesuche und Netzwerkarbeit ermöglichen einen direkten Zugang zur Lebenswelt älterer Menschen und senken Barrieren effektiv“, erklärt Dr. Sally Peters vom iff. Die Beratung stabilisiere nicht nur Haushaltsbudgets, sondern stärke auch das Selbstvertrauen der Ratsuchenden und erleichtere den Weg zu staatlichen Hilfen.
Allerdings weist das iff auch auf strukturelle Hindernisse hin: Zu kurze Projektlaufzeiten und ein abruptes Ende erschweren Vertrauen und nachhaltige Wirkung.
Diakonie fordert langfristige Förderung
Die Diakonie ruft Kommunen und Landkreise dazu auf, aufsuchende und sozialräumliche Schuldnerberatung dauerhaft zu etablieren. „Wer ältere Menschen frühzeitig unterstützt, kann Altersarmut wirksam vorbeugen – davon profitiert nicht nur jede einzelne Person, sondern unsere gesamte Gesellschaft“, so Ronneberger.





